Mittwoch, 31. August 2011

Die Ewigkeit und ein Tag

Liebe Tango-TänzerInnen,

meiner Meinung nach ist Theodoros "Theo" Angelopoulos ein Poet, der seine Gedichte in Form von Filmen schreibt.

Ich glaube, es ist ungefähr zehn Jahren her als ich zum ersten Mal seinen Film "Die Ewigkeit und ein Tag" gesehen habe. Danach ergaben sich glücklicherweise Möglichkeiten, so dass ich fast alle Werke von ihm im Laufe der Zeit anzuschauen konnte.

Die Poesie (mit Schmerz und Melankolie) ist immer das einschlägige Merkmal seiner Werke.

Aber wie kann ein Kunstwerk ohne Melodie ein Gedicht werden?

Eleni Karaindrou ist die großartige Komponistin und Klavierspielerin, die den Filmen von Angelopoulos ihren besonderen sinnlichen Fluß schenkt. Durch ihre Musik kommt der Geist des Films mit der Seele der Zuschauer zusammen.. Durch ihre Musik fühlt ein/e Zuschauer/in die Szene mit ganzem Herzen.

Diese Woche spiele ich das musikalische Hauptthema dieses Films ("Die Ewigkeit und ein Tag"). Das Lied ist ein sehr schöner Walzer. So kommt es als das letzte Stück unserer ersten WalzerTanda am Freitag.

Als ich diese Melodie vor ein paar Monaten mal wieder (ich weiß nicht mehr zum wie viel tausendsten Mal) angehört habe, habe ich über sie übrigens die folgende Zeilen in mein Notizbuch gekritzelt, die ich heute gerne mit Euch teilen würde:

"
insanın ruhuna düştüğünde
gülümseten içli ezgiler var şu dünyada,
kaldım daha gidemem derken
usulca yelkenlere üfleyen
bir rüzgar gibi tatlı,
kurutulmuş çiçeklerde saklı
anılar gibi taze,
çıkmaz sokakları avlulara,
avluları masmavi bir gökyüzüne açan,
öyle ezgiler ki sonsuza gün ekleyen

"
Burak Kara

["es sind rührende Melodien auf der Welt,
die einen lächeln machen,
wenn sie zur Seele eines Menschen fallen;
die so süß wie der Wind sind,
der heimlich in die Segel bläst,
wenn du fürchtest, dass du nicht mehr vorankommst;
die so frisch wie Erinnerungen sind,
wie die Erinnerungen, die in getrockneten Blumen bewahrt werden;
die die Sackgassen zu Höfen,
die Höfe zum blauesten Himmel weiten;
solche Melodien, die der Ewigkeit einen Tag hinzufügen"]
(Übersetzung: Burak Kara - mit der netten Hilfe von Viktoria Knoll)

Viel Spaß!

Bis Freitag,

Burak

Mittwoch, 24. August 2011

Eine 'Qalandar' Milonga aus Pakistan..

Liebe Tango-TänzerInnen,

natürlich gibt es keine "Milonga" in Pakistan, aber die Milonga hat so ein schönes Rhythmus-Muster, dass man es fast überall auf der Welt finden kann.

Diese Woche hören wir von einer der besten Männerstimme in der Musikwelt, vom weltberühmten Qawwali-Sänger Nusrat Fateh Ali Khan (1948-1997) ein Lied: Shahbaz Qalandar.* Und wir tanzen Milonga dazu.. ;)

Und wie wird diese Tanda ansonsten laufen?

Diese Milonga-Tanda beginnt mit einer alten Milonga, La Mulateada (Musik: Julio Eduardo Del Puerto, Text: Carlos Pesce), gespielt von der jungen Gruppe Sexteto Milonguero, damit wir zunächst auf's Milonga-Tanzen vorbereitet werden..

Dann beginnt die "Milonga  Paquistaní"!** :-)

Wenn das Lied endet, sind wir nochmal in Argentinien, aber dieses Mal am Anfang der 40er Jahre..

Das Orchester des großen Maestro Carlos Di Sarli (1903-1960) spielt

und

Roberto Rufino (1922-1999), "a storyteller, a phraser, an interpreter that perfectly knew which was the meaning of what he was singing" (Roberto Selles), singt für uns eine Milonga:


Pena Mulata
(Musik: Sebastián Piana, Text: Homero Manzi)

"
...

Dolor de milonga
que apenas prolonga
con queja tristonga
la noche de abril.


Como un espejo
bruñido y viejo
brilla el pellejo
del bailarín.


Clavel escarlata
que el ansia delata
temblando en la bata
su mancha carmín.
...
"

[...

Den Schmerz der Milonga,
verlängert qualvoll
mit Trauerklagen
die Nacht im April.

So wie ein alter
polierter Spiegel
glänzt die Haut
des Tänzers.

Scharlachne Nelke,
die Verlangen entflammt,
bebt im Ausschnitt
als roter Fleck.
...]
(Übersetzung: Ulrike & Eckart Haerter)

Viel Spaß damit! ;)

Bis Freitag,

Burak


* Mehr Hintergrundwissen? Bitte sehr:

Qawwali ist eine Form der Sufi-Musik beliebt in Süd-Asien, insbesondere in den Regionen Punjab und Sindh in Pakistan, Hyderabad, Delhi und anderen Teilen Nordindiens. Es ist eine musikalische Tradition, deren Geschichte mehr als 700 Jahren zurückgeht.


Hazrat Lal Shahbaz Qalandar (1177-1274) ist eine persische (tadschikische) Sufi-Heiligen, Philosophen, Dichter und Qalandar.


Qalandars sind Wanderderwische, die grundsätzlich keiner bestimmten Tariqat zugeordnet werden können und die nur das absolute Minimum an religiösen Pflichten ausüben. Der Qalandar ist ein Heiliger von höchster Spiritualität. Die Qalandars haben sehr starkes Gefühle der Liebe in sich.


Der Ausdruck "Qalandariyya" bezeichnet eine Vielzahl von (nicht zentral organisierten) unorthodoxen Sekten der Roaming-Sufi-Derwische, die in mittelalterlichen Al-Andalus (Andalusien/Spanien) als Antwort auf den fundamentalistischen Ansturm der Almohaden Kalifats entstanden sind. Von dort aus verbreiteten sie sich schnell in Nordafrika, dem Mashriq, Greater Iran, Zentralasien und dem indischen Subkontinent.



** Weil das originale Lied zu lang ist, habe ich es gekürzt.

Mittwoch, 17. August 2011

Die Seele und der Traum von der Liebe

Liebe Tango-TänzerInnen,

Rosita Melo (1887-1981) war erst 14 Jahre alt, als sie 1911 einen der berühmtesten TangoWalzer, "Desde el alma" (Aus der Seele), komponierte. Wie Roberto Selles so schön beschreibt, "everything was springing from her soul, like one of her teen-age dreams."

Das Lied wurde zum ersten mal 1911 von Roberto Firpo (1884-1969) aufgenommen.

1922 hat Rosita den jungen Dichter Victor Piuma Vélez geheiratet, der auch den ersten Text für diesen bereits berühmten Walzer geschrieben hat.

Allerdings ist der heutige Text von Homero Manzi (1907-1951) 1948 für den Film "Pobre mi madre querida" geschrieben worden und damals wurde das Lied von Hugo del Carril (1912-1989) gesungen.

Desde el alma (Melo - Manzi/Vélez)

"

Alma, si tanto te han herido
¿Por qué te niegas al olvido?
¿Por qué prefieres
llorar lo que has perdido
buscar lo que has querido
llamar lo que murió?


Vives inútilmente triste
y sé que nunca mereciste
pagar con penas
la culpa de ser buena,
tan buena como fuiste, por amor.
...

¡Deja esas cartas!
¡Vuelve a tu antigua ilusión!
Junto al dolor
que abre una herida
llega la vida
trayendo otro amor.


Alma no entornes tu ventana
al sol feliz de la mañana.
No desesperes
que el sueño más querido
es el que más nos hiere,
es el que duele más.


...

"

[Aus der Seele
"Seele, wenn man dich so verletzt hat,
warum willst du dann nicht vergessen ?
Warum willst du lieber
beweinen was du verloren hast,
suchen, was du geliebt hast,
rufen, was tot ist ?

Du lebst unnötigerweise traurig
und ich weiss, dass du niemals verdient hast,
mit Schmerzen zu bezahlen
für die Schuld gut zu sein,
so gut wie du gewesen bist
durch die Liebe.
...

Lass doch die Briefe !
Kehr zurück zu deiner alten Illusion !
Zusammen mit dem Schmerz,
der eine Wunde öffnet,
kommt das Leben
und bringt neue Liebe.

Seele, öffne dein Fenster weit,
glücklich zur Morgensonne.
Verzweifle nicht,
weil unser grösster Traum
der ist, der uns zumeist verletzt,
der uns am meisten schmerzt
..."]

(Übersetzung: Ulrike & Eckart Haerter)


Wir hören in unserem ersten WalzerTanda am Freitag diesen schönen Walzer zunächst von Canaros Orchester, gesungen von Nelly Omar (1911-), die bei ihrem Auftritt 1938 in einem Kino vom Ansager als "La Gardel con polleras" (Die Gardel mit Rock) auf die Bühne eingeladen wurde.

Nach dieser klassischen Aufnahme hören wir das Lied zum zweiten Mal von Color Tango als ein instrumentalles Stück, in 'Pugliese'ischer Art. ;)



Und diese WalzerTanda endet mit einer neuen Aufnahme von einem anderen klassischen Walzer "Soñar y nada más" (Träumen und nichts weiter), komponiert 1943 von Francisco Canaro (1888-1964) mit dem Text von Ivo Pelay (1893-1959). Wir hören dieses schöne Lied von einem jungen argentinischen Orchester, von De Atropellada.

Soñar y nada más (Canaro - Pelay)
"
No despiertes si sueñas amores,
niña hermosa, que amar es soñar...
...


Soñar y nada más, con mundos de ilusión...
Soñar y nada más, con un querer arrobador...
¡Soñar que tuyo es él y vive para ti!...
Soñar, siempre soñar que dicen que, en amor, es triste despertar.


Soñar y nada más, con noches de quietud,
que, misteriosas, van, cantando amor y beatitud.
Volar a las estrellas de divinos resplandores
y, en esa eternidad, vivir un ideal...
¡Soñar y nada más!...
...


No despiertes si sueñas quereres,
que sin duda soñar es vivir...
Mientras tu alma vislumbre ternuras,
verás, niña hermosa, que el mundo es feliz.
...
"

[Träumen und nichts weiter
"Wach' nicht auf, wenn Du von der Liebe träumst,
schönes Mädchen, denn Lieben ist Träumen...
...
Träumen und mehr nicht, von einer Welt von Illusionen...
Träumen und mehr nicht, von einer entzückenden Liebe...
Träumen, dass er Dein ist und nur für Dich lebt!...
Träumen, immer träumen, dass sie sagen,
dass es traurig ist, in der Liebe aufgeweckt zu werden.

Träumen und mehr nicht, von unruhigen Nächten,
geheimnisvoll, von Liebe und Glückseligkeit singend.
Zu den Sternen des himmlischen Glanzes fliegen
und in dieser Ewigkeit, ein Ideal zu leben...
Träumen und mehr nicht!...
...
Wach' nicht auf, wenn Du von der Liebe träumst,
denn zweifellos, träumen ist leben...
Während Deine Seele Zärtlichkeiten erhascht, wirst Du sehen,
schönes Mädchen, dass die Welt glücklich ist.
...]
(Übersetzung: Frank Schladitz)


Viel Spaß!

Bis Freitag,

Burak

Mittwoch, 10. August 2011

Rock'n'Tango

Liebe Tango-TänzerInnen,

diese Woche hören wir als Non-Tango zwei Stücke aus der Rockwelt! ;)

Das erste Lied ist ein Klassiker, ein Lied von einer der einflussreichsten Musikgruppen der 1960er-Jahre, von The Doors, und wir hören ihr "People are strange".



Das Zweite Lied ist eine besondere Aufnahme von Metallicas "Nothing else matters": Apocalyptica spielt das Lied akustisch mit vier Cellos.. Eine wunderschöne Version dieses berühmten Musikstücks..


An so einem Abend kommt aber auch unser Nuevo-Tango von einer jungen italienischen TangoRock Gruppe: Oblivion Quartet spielt für uns, selbstverständlich, "Oblivion" von Piazzolla!

Viel Spaß damit! ;)

Bis Freitag,

Burak

Mittwoch, 3. August 2011

Ach die Männer! :P

Liebe Tango-TänzerInnen,

wie ein Joint Venture Lied so schön sagt, „weil ich trotz aller Sprüche echt kein Machoscheißer bin,“ trage ich endlich auch

… etwas bei auf unsrem großen langen Weg 
zur gerechteren Gesellschaft, zu echter Harmonie 
zum Frieden der Geschlechter, zu mehr Lust und Sympathie

:-)

Am Freitag habe ich eine Milonga Tanda für die lieben Frauen.. ;)


Unsere Milonga Tanda beginnt mit einer instrumentalen Milonga, damit wir zuerst ein schönes Milongagefühl bekommen: Wir hören Leopoldo Federicos 'Al Galope' von einem zeitgenössischen Orchester, vom Color Tango.

(1)

Das erste Lied, das ich für die Frauen spiele, kommt aus der Türkei: Sezen Aksu hat eine schöne Komposition von Goran Bregovic übernommen, seine Musik ein bisschen orientalisiert  und dazu einen netten Text geschrieben...  Es ist rhythmisch ganz klar eine Milonga! ;)


Erkekler (G.Bregovic/S.Aksu)

Yalnızlık Allah'a mahsus
Yalnız yatmak mı, ay ay imkansız
Biri mutlaka olmalı
Seni acil unutmalı
...


Elimi sallasam ellisi,
Başımı sallasam tellisi


Erkekler..


Ooof, içim sıkılıyor


Ooof, pabucum sıkıyor
...


[(Die) Männer
„Alleinsein ist nur für Gott bestimmt.
Alleine schlafen? Ei! Ei! Unmöglich!
Jemand muss da sein, unbedingt!
Sofort vergessen muss ich dich!



im Handumdrehen fünfzig davon
mit einem Kopfnicken die Schönsten

die Männer..

O weh! Ich langweile mich..

O weh! Meine Schuhe drücken mich..
...“]

(Übersetzung: Burak Kara)


(2)

Das letzte Lied der Tanda (bzw. das zweite Lied für die Frauen) ist das wohl bekannte "Se dice de mi"

Selbstverständlich hören wir das Lied so wie es von  Tita Merello (1904-2002) 1954 aufgenommen wurde. Der Text wurde von Ivo Pelay (1893-1959) geschrieben und es ist von Francisco Canaro (1888-1964) komponiert worden.

Ich glaube, diese Passage aus dem Roman "The Great Gatsby" (F.S.Fitzgerald) beschreibt sehr treffend ihre besondere Art zu singen:

"Daisy began to sing with the music in a husky, rhythmic whisper, bringing out a meaning in each word that it had never had before and would never have again. When the melody rose, her voice broke up sweetly, [...], and each change tipped out a little of her warm human magic upon the air."


Se dice de mí (F.Canaro/I Pelay)
"
Se dice de mí,
se dice de mí.


Se dice que soy fiera, que camino a lo malevo que soy chueca y que me muevo con un aire compadrón,


...


Critican si ya, la linea perdí, se fijan si voy, si vengo o si fui.


Se dicen muchas cosas, mas si el bulto no interesa, por que pierden la cabeza ocupándose de mí?


Yo se que muchos me desprecian compañía y suspiran y se mueren cuando piensan en mi amor.
Y más de uno se derrite si suspiro y se quedan si los miro resoplando como un ford.


Si fea soy,
pongámosle,
que de eso aun
no me enteré,
en el amor,
yo solo sé
que a más de un gil,
dejé a pie.


...


Yo soy así.


Y ocultan de mí,


ocultan que yo tengo unos ojos soñadores, ademas otros primores que producen sensación.


...
"

[Man sagt von mir
"Man sagt von mir,
Man sagt von mir,

Man sagt, dass ich scheußlich bin, dass ich zu einem Taugenichts gehe, dass ich eine Person mit krummen Beinen bin, dass ich mich bewege wie eine Angeberin

...

Sie kritisieren, ob ich die Linie schon verlor, Sie kümmern sich darum ob ich gehe, ankomme oder da war.

Man sagt viele Dinge, aber wenn das Bündel nicht interessant ist, warum verlieren sie den Kopf, beschäftigen sich mit mir?

Ich weiß, dass viele meine Begleitung verschmähen und seufzen und sterben, wenn sie an meine Liebe denken.
Und mehr als einer schmilzt wenn ich seufze und sie bleiben stehen, wenn ich sie sehe, schnaubend wie ein Ford.

Auch wenn ich
scheußlich bin,
nehmen wir an,
dass ich mich noch nicht
darüber informiert habe,
über die Liebe,
ich weiss nur,
dass ich
mehr als einen Dummen
zu Fuß laufen liess.

...

So bin ich.

Und sie verheimlichen vor mir,

sie verbergen, dass ich träumerische Augen habe, und außerdem noch andere Geschicklichkeiten, die Sensationen hervorrufen.
..."]
(Übersetzung: Andrés Fragoso/Frank Schladitz)


VIEL SPAß! :D

Bis Freitag,

Burak