Mittwoch, 22. August 2012

Die letzte Tanda - 4 - Julio de Caro


Then something happened: a composer emerged, Julio de Caro, who transformed the musical order. He kept tango's rhythm but deepened its melody with an inimitable blend of symphonic and vernacular.

With a populist touch that honored buglers and organ-grinders and once even music boxes, he took pleasure both in European high culture and in Buenos Aires street textures. De Caro saw no contradiction in pleasing Italians who wanted bel canto and creoles who wanted a beat. He played the tango with well-trained performers who could read and write music. Many were Italo-Argentine, familiar with Rossini as well as milonga.

De Caro's accomplishment, blending concert and street, was extremely provocative.

Robert F. Thompson, „Tango, the art history of love

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Liebe Tango-TänzerInnen,

Julio De Caro, eine der wichtigsten Figuren der Tangogeschichte, wurde 1899 als zweiter Sohn von zwölf Kinder einer Italienischen Familie in Buenos Aires geboren... Ein begabtes Kind, das mit seinem Orchester ab 1924 eine tragende Rolle in der instrumentellen Tangomusik spielte, die – nach Julio Nudler - nur mit dem Einfluss von Carlos Gardel auf den Tangogesang verglichen werden kann.

Sein Vater, Jóse, war der Leiter des Konservatoriums vom Teatro della'Scala de Milano und er kümmerte sich sowohl um die musikalische Ausbildung seiner Söhne, als auch darum, dass seine Kinder studieren. Es war sein Wunsch Julio Klavier und sein Bruder Francisco Geige spielen lernten.

Was hält denn er in der Hand?*
Ein erster Verrat der beiden Brüder am Vater war der Tausch dieser beiden Instrumente...

Nachdem Julio 1917 im Palais de Glace (in Recoleta) Roberto Firpo beim Canyengue-Spielen gehört hatte, stand der zweite Verrat fest: die Brüder haben dann angefangen, Tango (bzw. im Tango-Orchester) zu spielen.

Als der Vater dies erfuhr und auch, dass Julio sich weigerte, Medizin zu studieren, wie sein Vater von ihm erwartet hatte, warf er den 18-jahrigen Julio aus dem Haus und Francisco folgt seinem Bruder.

In seinem ersten Orchester, gegründet 1924, kommen drei De Caro Brüder zusammen: Julio und Emilio an den Geigen, Francisco am Klavier und Unterstützung von Luis Petrucelli (der kurze Zeit später von Pedro Laurenz ersetzt wurde) und Pedro Maffia an den Bandoneóns.



Er hat 1924 seine erste Aufnahmen (einschließllich zwei eigner Kompositionen - "Todo corazón" und "Pobre Margot" - ) gemacht und in den folgenden dreißig Jahren hat er 420 Lieder aufgenommen. Der Großteil dieser Aufnahmen sind aus den Jahren von 1924 bis 1932 und bei dieser Gelegenheit will ich sagen, dass ich persönlich die Tangos aus den späten 20er und frühen 30er sehr gerne höre und zu ihnen mit großem Spaß tanze... :)

Sein Ruf eilte De Caro schon 1928 international voraus. (Bis 1928 hatte er für die Victor Company gespielt und dann hat er zum Brunswick Company gewächselt.)

Am Freitag (24.Aug.) in unser letzten Tanda hören wir drei besondere Aufnahmen von De Caro und zu ihnen tanzen wir die letzte Tangoschritte des Abends... ;)

(1) Zunächt kommt 'el monito', eine Komposition von De Caro, die ein gutes Beispiel für sein großes Geschick ist, wie er das Volkstümliche und das Alltägliche mit seinem einzigartigen Fingerspitzengefühl mit der „hohen“ Kunst verbindet.. Das ist das "Provokative" in seiner Musik, wie es von R.F.Thompson treffend so beschrieben wurde.

(2) Danach hören wir „boedo“, wieder eine eigne Komposition von De Caro, ein Lied, das (zusammen mit 'buen amigo', 'derecho viejo' und 'el monito') zu einem der von ihm meist aufgenommenen Titel gehört... (Jeweils vier Mal!) Die erste Aufnahme aus dem Jahre 1928, die wir am Freitag als das vorletztes Lied hören werden, verkörpert nach Oscar Del Priore die musikalische Evolution, die von der De-Caro-Schule zu dieser Art von Musik gebracht wurde. Ich glaube, dass ist es, was R.F.Thompson mit diesen Worten meinte: „a composer emerged, Julio de Caro, who transformed the musical order“!

(3) Seine große Kunst allerdings kann man am Besten durch sein Meisterwerk 'mala junta' (eine Komposition von De Caro und Laurenz) erfahren.. Da sind so viele Besonderheiten versteckt, dass sie sich hier nicht kurz genug zusammengefassen lassen...**

Diesen besonderen Tango hören wir, wie er Ende 1927 zum ersten Mal aufgenommen wurde...

Mit Gelächter fängt das Lied an und ich wünsche mir, dass der Trainingsabend für Euch auch so endet... :-)

Bis Freitag,

Burak



Strohgeige
* Das Instrument

Das ist eine Strohgeige, die nach ihrem Erfinder Johannes Matthias Augustus Stroh (1828-1914) so benannt wurde, aber die auch als Phonogeige oder Cornet-Violine bekannt ist. Die "normale" Geige war für die frühe Aufnahmetechnologien viel zu leise. Die Strohgeige war dann eine Lösung in den 20ern, um ihren Laut stärker zu machen. Julio De Caro wurde 1925 mit diesem Instrument vom U.S.Amerikanischem Jazz-Musiker Paul Whiteman bekannt gemacht und er spielte es in den 20ern (vermutlich auch bei der Aufnahmen von 1927 und 1928, die wir am Freitag hören werden).


** Mala Junta

He [De Caro] kept the music flowing, with changes in mode and in texture.

These gifts are audible in 'Mala Junta' (Bad Crowd), a barrio tone poem recorded on September 12, 1927. 'Mala Junta' opens with laughter, two-part whistling of a tune, and classical piano. So far the music is not tango; there is no syncopation. The F-sharp major tune in fact sounds neapolitan, like a fugitive canzonetta. De Caro, open to street sound, an acoustical universe of whistling and laughter, is using it to build a provocative introduction. Then, bam – Pedro Laurenz comes in like an army on bandoneón, playin classical sixteen-note counterpoint over syncopated accompaniment. He has switched to F-sharp minor. The swirling intensivity of his bandoneón is amazing: he electrifies everything. Bandoneón has come of age in the discourse of tango.


Mala Junta
Meanwhile pizzicati underscore the straight four. 'Mala Junta' is a transforming tango, major to minor, Neapolitan to poteño, informal to classical. There is a section of rhythm and a section of lyricism, each rounded off with two notes at the end. These punctuating notes are the chan-chan, the tango beat signaling an ending.

De Caro plays with time. Led by the bandoneón, three eight notes slow down, briefly suggesting a shift into waltz time – into six-eight – then immediately returning to the four. It's a metrical conceit that differs from, say, the music of Spain, where old genres like canario strictly alternate bars in three-four and six-eight; here the shifts is mixed and spontaneous.

At one point in 'Mala Junta' there is a solo in the high register of the piano that sounds like a music box. The coposer is not afraid to mix vernacular with high purpose. That is his genious: to arouse countermusics.

Robert F. Thompson, „Tango, the art history of love